Kommentar zum Schlichtungsergebnis

 Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

das Ergebnis des Schlichterspruches zur Tarifrunde 2023 steht jetzt zur Urabstimmung – jede(r) Einzelne ist jetzt gefragt und ihr habt es jetzt in der Hand. 

Die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen. Wir im Vorstand der Betriebsgruppe DB Systel Frankfurt erlauben uns aber, Kritik an dem Schlichterspruch zu formulieren, die man berücksichtigen kann oder eben auch nicht. 

A) Zu wenig! 

Ein Abschluss gemäß Schlichterspruch stellt auf die Laufzeit bis einschließlich März 2025 gesehen nicht nur für Systel-Mitarbeiter:innen sehr wahrscheinlich erneut eine Tariferhöhung deutlich unterhalb der Inflationsrate dar. Wir erinnern uns: die letzte Tariferhöhung erfolgte am 01.01.2022 mit nur 1,5%, schon deshalb sehen wir einen Nachholbedarf, der durch diesen Schlichterspruch nicht erfüllt wird. 

Die tatsächliche Inflationsrate im vergangenen Jahr lag ein Vielfaches über den 1,5% Gehaltsteigerung (7,9% oder 6,9% – je nachdem, ob als Vergleichsjahr das Jahr 2015 oder aber das Coronajahr 2020 herangezogen wird). Derzeit liegt die durchschnittliche Inflationsrate im Jahr 2023 bei 6,2%. 

185 € brutto zum 01.12.2023 + 194 € brutto zum 01.08.2024 bezogen auf das 13-er Auszahlungsmodell (12 Monatsgehälter + Weihnachtsgeld), wie wir es bei der Systel haben, sind schlicht zu wenig. Daran ändert auch die Inflationsausgleichsprämie von 2850 € zum 31.10.2023 nichts, die wir hier gleichermaßen als Schlichterspruchannahmeprämie bezeichnen dürfen. 

B) Zu lang zu wenig! 

Auch wir wissen nicht, wie sich die Inflation bis ins Jahr 2025 entwickeln wird. Was wir aber wissen ist, dass es bis dahin jede Menge Risiken für die Weltwirtschaft gibt, die die Inflationsrate weiter nach oben verschieben könnten. Bereits heute gibt es militärische Auseinandersetzungen um das größte AKW Europas. 

Dazu befindet sich die Wirtschaft der Bundesrepublik aktuell in der Rezession, die wir nicht dadurch bekämpfen, dass wir noch weniger Geld ausgeben (Reallohnverlust). Wir wissen, dass es letztlich eine politische Frage des Bundes ist, wofür die Milliarden ausgegeben werden. 

Mit Recht stellt auch die Schlichterin Frau Pfarr fest, dass dieser Tarifabschluss der Bahn Planungssicherheit gebe. Für Arbeitnehmer:innen der DB bedeutet der Schlichterspruch aber in dieser Hinsicht ein Roulette-Spiel. Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen des vergangenen Jahres ist die Bereitschaft, auf eine derart lange Laufzeit einzugehen, töricht. 

C) Schwache Vertretung unserer Interessen! 

Bei der gemeinsamen Auftaktveranstaltung aller von der EVG organisierten Tarifkommissionen in über 50 Unternehmen im Februar 2023 herrschte ein großes Selbstbewusstsein über die Möglichkeiten des gemeinsamen Vorgehens, um im Ergebnis wenigstens in die Nähe unserer Kernforderungen 12% Gehaltssteigerung, mind. aber 650 € bei einer max. Laufzeit von 12 Monaten zu kommen. 

Bei der gemeinsamen Vorstellung des Schlichterspruchs sagte Kristian Loroch, dass Tarifparteien nicht das ausmerzen können, was auf anderer Ebene falsch entschieden wurde. Unser Eindruck ist aber, dass gemeint war, dass die Tarifpartei EVG wirtschaftliche Nachteile, die Arbeitnehmer:innen durch die Politik erleiden, in ihrer Tarifpolitik nicht ausgleichen soll. 

Anders können wir Formulierungen nicht deuten, die da lauten, „mehr gebe die Mittelfristplanung nicht her“ und „Ihr glaubt doch nicht, dass mit einem Streik ein besseres Ergebnis zu erreichen ist“. Wir sind überzeugt, dass mit einem Arbeitskampf mehr herauszuholen ist als dieses Schlichtungsergebnis. Ohne gewerkschaftlichen Druck werden wir die Verteilung der reichlich fließenden Mittel aus dem Bundeshaushalt nicht beeinflussen können. 

Mit kollegialen Grüßen

Erol Polat-von-Meding
Stellvertretender Vorsitzender

Burkhard Nobbe 
Mitglied BG-Vorstand 

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